GICHTARTHRITIS

Mögliche Vorteile eines selektiven URAT1-Inhibitors

Eigentlich ist mit den vorhandenen Therapieoptionen Allopurinol und Febuxostat in den meisten Fällen eine gute Einstellung des Serum-Harnsäurespiegels in den Zielbereich und langfristiges Abklingen der Gichtarthritis erreichbar – auch wenn es in der Praxis oft an der Adhärenz hapert. Nachdem auf dem EULAR 2023 sehr positive Daten einer 3-monatigen Phase-IIb-Studie zum Einsatz des neuen, selektiven URAT1-Inhibitors AR882 präsentiert wurden, legte jetzt eine internationale Studiengruppe um Robert T. Keenan, Chapel Hill (USA), in San Diego mit einer globalen Phase-II Proof-of-Concept-Studie nach, in der die Reduktion klinisch sichtbarer Tophi bei Gichtpatienten unter AR882 und Allopurinol über 6 Monate prospektiv verglichen wurde.

In der im Rahmen einer Late Breaking-Abstractsession vorgestellten Studie wurden 42 Gichtpatienten mit subkutanen Tophi im Verhältnis 1:1:1 für 6 Monate auf jeweils 1x täglich AR882 75 mg, AR882 50 mg plus Allopurinol oder Allopurinol (bis zu) 300 mg randomisiert. Caliper-Messungen der Tophi erfolgten alle 4 Wochen über 6 Monate hinweg, zudem wurde eine Bildgebung mittels DECT zu Baseline und nach 6 Monaten durchgeführt. Primärer Wirksamkeits-Endpunkt der Studie war der Rückgang des Serum-Harnsäurespiegels (sUA) zu Monat 3, sekundäre Endpunkte waren die Auflösung der Ziel-Tophi und die Reduktion des Kristallvolumens der Ziel-Tophi von Baseline bis Monat 6. Über den Studienzeitraum wurde zudem die Sicherheit inklusive Vitalzeichen und EKG erfasst.

Stärkere Tophiauflösung unter AR882 versus Allopurinol

In der Intention-to-Treat (ITT)-Population rangierte der Baseline-sUA-Spiegel in den drei Therapiegruppen zwischen 9,1 (AR882 75 mg) und 9,6 mg/dl. Zu Monat 3 wurden die sUA-Spiegel auf im Mittel 4,5 (AR882 75 mg), 4,7 (AR882/Allopurinol) und 6,1 (Allopurinol) mg/dl abgesenkt, entsprechend einer Reduktion um 49,6, 49,9 und 34,9 %. Im 75 mg AR882-Arm erreichten nach 3 Monaten 86 % bzw. 64 % der Gichtpatienten die sUA-Zielwerte von <6 respektive <5 mg/dl, in der 50 mg AR882 plus Allopurinol-Gruppe waren es 77 % und 69 %. Seltener wurden diese sUA-Zielbereiche mit der Allopurinol 300 mg-Standarddosis erreicht (46 % <5 und 23 % <6 mg/dl). Zu Monat 6 erreichten 4 Patienten (29 %) in der AR882 75 mg-Gruppe eine vollständige Auflösung von zumindest einem Tophus im Vergleich zu jeweils nur einem Patienten im AR882 50 mg plus Allopurinol- und alleinigen Allopurinol-Arm (je
8 %). In der AR882 75 mg-Gruppe zeigte sich ferner eine größere Reduktion des gesamten Harnsäure-Kristallvolumens (-30,7 %, -8,3 cm3) gegenüber der Kombinationstherapie (-31,5 %, -0,9 cm3) oder Allopurinol allein (-16,8 %, -1,2 cm3) von Baseline bis Monat 6 in der DECT (die Ausgangswerte waren in ersterer Gruppe am höchsten). In der DECT fand sich darüber hinaus nach 6 Monaten unter AR882 75 mg ein Rückgang des Gesamt-Harnsäurekristallvolumens der Füße und Knöchel um 68 %. Es wurden unter AR882 keine schweren unerwünschten Ereignisse (UE) verzeichnet, auch keine Nieren- oder Leberabnormitäten. Die häufigsten UE waren Gichtschübe, zu den milden bzw. moderaten UE zählten Diarrhöe, Kopfschmerzen und obere Atemwegsinfekte. Die Rate von Gichtschüben schien unter den AR882-Therapien etwas geringer als in der Allopurinol-Gruppe zu sein.

Kompakt

In dieser Phase-II-Studie zeigte der neuartige URAT1-Inhibitor AR882 über 6 Monate hinweg eine sichere und effektive Senkung des Harnsäurespiegels, häufigere völlige Auflösung von Tophi und starke Verminderung des gesamten Kristallvolumens bei Gichtpatienten. Im Verbund mit der zuvor präsentierten (größeren) Phase-IIb-Studie deutet sich an, dass AR882 eine bessere Wirksamkeit und größere Sicherheit im Vergleich zu bislang verfügbaren Therapien bieten könnte, sowohl bei Patienten mit klinischen als auch subklinischen Kristallablagerungen. Zunächst bleiben aber die künftigen Phase-III-Daten abzuwarten, auch konnte sich nach erfolgter Zulassung mit Lesinurad ein erster Vertreter dieser Substanzklasse später in der Praxis nicht durchsetzen.

Quelle: ACR Convergence 2023, Late Breaking-Abstract L15